Testament sittenwidrig, wenn Großeltern Besuche der Enkel fordern!
Es ging um folgende Klausel:
Die restlichen 50 % des dann noch vorhandenen Geldes, bekommen, zu gleichen Teilen meine Enkel F u. E, aber nur dann, wenn sie mich regelmäßig d.h. mindestens 6-mal im Jahr besuchen.
Das Nachlaßgericht fand die Regelung noch in Ordnung. Das Oberlandesgericht Frankfurt fand das nicht: Es hatte über die Wirksamkeit eines Testaments zu urteilen, in dem der Großvater (Erblasser) seine Enkel unter der Bedingung als Erben eingesetzt hatte, dass ihn die Enkel regelmäßig besuchen. Das urteilt: Sittenwidrige Verknüpfung zwischen Erbenstellung und Besuchspflicht!
Wird die Erbeinsetzung von einer Besuchspflicht abhängig gemacht, so kann dies im Einzelfall sittenwidrig sein. Die Sittenwidrigkeit führt dann zur Unwirksamkeit dieser Klausel oder des gesamten Testaments.
Die Enkel hatten den Opa nicht so regelmäßig besucht, wie er das gefordert hatte. Das Nachlaßgericht sah den Wunsch des Großvaters als stärker, das OLG sah die Entscheidungsfreiheit der Enkel als stärker an. Der Senat führt aus: “Die Grenze zu derart schwerwiegenden Ausnahmefällen wird dabei nach überwiegender Auffassung, der sich der Senat anschließt, dann überschritten, wenn die von dem Erblasser erhobene Bedingung unter Berücksichtigung der höchstpersönlichen und auch wirtschaftlichen Umstände die Entschließungsfreiheit des bedingten Zuwendungsempfängers unzumutbar unter Druck setzt und durch das Inaussichtstellen von Vermögensvorteilen Verhaltensweisen bewirkt werden sollen, die regelmäßig eine freie, innere Überzeugung des Handelnden voraussetzen (vgl. u.a. Lenz-Brendel, a.a.O. m.w.N.; Schmidt in Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 2074, Rn. 5 m.w.N., zitiert nach beck-online). …… Insoweit weist Leipold (Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl., 2017, § 2074, Rn. 21, zitiert nach beck-online) zu Recht darauf hin, dass die Umstände insbesondere erkennen lassen müssen, ob der Erblasser durch einen wirtschaftlichen Anreiz in einer gegen das “Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden” verstoßenden Weise ein bestimmtes Verhalten zu “erkaufen” sucht. Weiterhin weist Leipold (a.a.O.) zu Recht darauf hin, dass dann, wenn der Erblasser solche Ereignisse zur Bedingung macht, die vor dem Erbfall eintreten, und er den Bedachten von der bedingten Zuwendung nicht informiert, ein unbilliger Versuch einer Einflussnahme von vornherein ausscheidet.”
Sicherlich läßt sich über die beiden Ansichten gut debattieren; sich aber mit Druck Zuwendung erkaufen zu wollen, führt selbst in einem Testament zu weit.
OLG Frankfurt – Beschluss vom 05.02.2019 – 20 W 98/18
der Link dazu: OLG Frankfurt, Entsch. vom 05.02.2019- 20W98-18