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AllgemeinFamilienrecht

Alleinerziehend – ab wieviel Prozent Kinderbetreuung?

von 26. September 2024Keine Kommentare
Alleinerziehend Kinderbetreuung

Ab wann gilt ein Elternteilt als Alleinerziehend?

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urt. v. 12.12.2023, Az. 5 C 9.22 u. BVerwG 5 C 10.22 eine Grundsatzentscheidung zum Status “Alleinerziehend” im Rahmen der Regelung zum Unterhaltsvorschuss getroffen.

Danach gilt der Elternteil als Alleinerziehend, der das Kind mehr als 60% betreut.

Damit haben Kinder Anspruch auf den Unterhaltsvorschuss nach UVG, die bei einem alleinerziehenden Elternteil leben und keinen oder keinen regelmäßigen Unterhalt von dem anderen Elternteil erhalten.

In dem hier zu entscheidenden Fall war es so, daß der Vater seiner Verpflichtung zur Zahlung von Barunterhalt nicht nachkam, weil er die Kinder bis zu 36% mitbetreute. Das werteten die Vorinstanzen als wesentliche Entlastung der Mutter und verneinten deswegen den Anspruch auf Unterhaltsvorschuss.

Anders sieht das das BVerwG. Es legte die Voraussetzung des § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG, dass das Kind nur “bei einem seiner Elternteile lebt”anders aus. Der Zweck der Vorschrift bestehe darin, den Elternteil zu entlasten, der “wegen des Ausfalls des anderen Elternteils besonders belastet” ist. Diese Situation sei nicht auf Fälle des vollständigen Alleinerziehens beschränkt. Vielmehr drohe Elternteilen auch dann eine prekäre Belastung, “wenn der Schwerpunkt der Betreuung ganz überwiegend bei diesem Elternteil liegt”.

Das Gericht definiert dann noch “ganz überwiegend”. Das sei abstrakt zu betrachten. Wenn ein Elternteil das Kind als 60 Prozent betreut, lebt das Kind im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG bei diesem Elternteil. Dann kann dieser Elternteil beim Jugendamt Unterhaltsvorschuss beantragen, wenn der andere Elternteil seiner Unterhaltszahlungen nicht nachkommt.

Liegt der Mitbetreuungsanteil des anderen Elternteils dagegen bei 40 Prozent oder mehr, gilt der Elternteil nicht mehr als Alleinerziehend und es gibt keinen Vorschuss.

Damit stellte das BVerwG einen rein quantitativ-zeitlichen Maßstab für den Status Alleinerziehend auf. Eine qualitative Bewertung oder Gewichtung einzelner Betreuungsleistungen soll nicht mehr erfolgen.

Bei ganztägig wechselnder bzw. wechselweiser Betreuung kommt es darauf an, wo sich das Kind zu Beginn des Tages aufhält.

Ob diese Kriterien dann auch für den Kindesunterhalt im Wechselmodell oder bei erweitertem Umgang gelten, insbesondere im Hinblick auf die in Aussicht gestellte Gesetzesänderung geltend, bleibt abzuwarten.

Zum Nachlesen und Download: Bundesverwaltungsgericht Urt. v. 12.12.2023, Az. 5 C 9.22 u. BVerwG 5 C 10.22